Als Myasthenia gravis wird eine Autoimmunerkrankung bezeichnet, bei der die Signalübertragung zwischen Nerv und Muskel gestört ist. Die daraus resultierende muskuläre Schwäche kann prinzipiell alle Muskelgruppen betreffen.
Die Entstehung dieser Autoimmunerkrankung ist immer noch nicht genau verstanden. Man nimmt aber an, dass sie mit dem Thymus zusammen hängt, denn in diesem Immunorgan finden sich in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle von Myasthenia gravis krankhafte Veränderungen. So tritt bei circa zehn bis fünfzehn Prozent der Betroffenen ein Thymom auf. Umgekehrt kann bei circa 45 Prozent der Menschen mit einem Thymom eine Myasthenie diagnostiziert werden. Bis heute ist der Zusammenhang zwischen dieser Autoimmunerkrankung und dem Auftreten des Thymoms nicht eindeutig geklärt.
Bei vielen Patienten kann auch ein spezifischer Autoantikörper gegen den Acetylcholinrezeptor nachweisbar sein. Dieser Rezeptor regelt die Übertragung von Nervenimpulsen an den Verbindungsstellen zwischen Nerven und Muskelzellen (motorische Endplatte). Durch die Autoantikörper wird dieser Rezeptor zerstört, so dass dort eine Übertragungsstörung entsteht. Da der Antikörper aber nicht bei allen Betroffenen nachgewiesen werden kann, unterscheidet man zwischen Myasthenie mit Antikörpernachweis (seropositive Myasthenie) und Myasthenie ohne Autoantikörpernachweis (seronegative Myasthenie).
Krankheitsbild
Hängende Augenlieder oder Sehschwächen sind oft die ersten Symptome der Myasthenie. Weitere Beschwerden, die auf diese Krankheit hinweisen können: Doppelbilder, Kau- und Schluckbeschwerden, Gewichtsabnahme sowie sehr schnelle Ermüdung insbesondere der großen körpernahen Muskelgruppen (Quadrizeps, Bizeps). Im schlimmsten Fall kann Myasthenie zum Ausfall der Atemmuskeln führen, die Patienten müssen dann künstlich beatmet werden. Bei den meisten Betroffenen verschlimmern sich die Beschwerden in der zweiten Tageshälfte.
Die Myasthenie kann auch schon bei Schulkindern auftreten. Hier macht sie sich sehr oft durch Müdigkeit bemerkbar.
Diagnose und Therapie
Besteht ein Verdacht auf Myasthenie, muss immer zuerst ein Neurologe hinzugezogen werden, um die Diagnose zu bestätigen. Auch sollte die erste Medikamentengabe und Einstellung des Patienten durch einen Neurologen erfolgen.
Die Myasthenie wird in verschiedene Stadien eingeteilt. Bei einer leichten Form (Stadium 1) kann eine medikamentöse Therapie ausreichen. In allen höheren Stadien sollte die Thymusdrüse, nach einer Beobachtungszeit von sechs bis zwölf Monaten, im ersten Jahr nach der Erstdiagnose operativ entfernt werden. Nach dieser Frist liegt die Spontanheilungsrate der Erkrankung nur noch bei unter 20 Prozent. In Untersuchungen aus den 1980er Jahren konnte gezeigt werden, dass Patienten nach operativer Entfernung des Thymus deutlich länger lebten, als Patienten, die lediglich eine medikamentöse Therapie erhalten haben. Diese Ergebnisse sind die Grundlage für die heute übliche, frühzeitige operative Therapie bei der Diagnose Myasthenie.
Nach der Entfernung der Thymusdrüse beziehungsweise des Thymoms nehmen die Beschwerden allmählich ab und die Medikamenteneinnahme kann bei der Mehrzahl der Patienten reduziert werden. Circa 50 Prozent der Patienten sind fünf Jahre nach einer korrekten Thymusresektion geheilt. Dabei profitieren Patienten im Alter zwischen 15 und 50 Jahren am meisten von der Operation, insbesondere wenn diese sehr frühzeitig vorgenommen wurde.
Der Thymus kann offen über eine Sternotomie (Eröffnung des Brustbeins) oder minimal-invasiv (Schlüssellochchirurgie) über drei kleine Schnitte entfernt werden. Allerdings sind die Ergebnisse der minimal-invasiven Methode deutlich schlechter als nach dem offenen Operationsverfahren, es kommt seltener zu einer Heilung. In der Regel beträgt der Krankenhausaufenthalt nach einer offenen Operation zehn bis zwölf Tage. Der Brustkorb kann nach acht Wochen wieder voll belastet werden.
Grundsätzlich gilt bei jeder Behandlung, dass ein Neurologe einbezogen werden sollte. Bevor der Patient operiert wird, muss er medikamentös optimal eingestellt werden.
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