Einnässen ist nicht nur das häufigste urologische Symptom, sondern es ist im Kindesalter auch die zweithäufigste Erkrankung nach Allergien. Da das Einnässen sowohl das Kind als auch die Eltern stark belasten kann, sollte eine Abklärung ab dem 5. Lebensjahr durchgeführt werden. Grundsätzlich muss man zwischen einem alleinigen nächtlichen Einnässen (Enuresis) und einem Einnässen mit zusätzlichen Tagsymptomen oder Begleiterkrankungen (Kindliche Harninkontinenz) unterscheiden.
Die Behandlung des kindlichen Einnässens hat immer dann gute Aussichten auf Erfolg, wenn die Ursache gefunden werden kann. Da nicht selten auch mehrere Ursachen zusammen kommen, sind häufig auch Kombinationstherapien notwendig. Dennoch bleibt die Therapie eine schwierige und oft jahrelange Geduldsprobe für die Kinder, deren Eltern und auch den Arzt.
Krankheitsbild
Bis zum 5. Lebensjahr ist ein gelegentliches nächtliches Einnässen noch völlig normal: Rund 15 Prozent der fünfjährigen Kinder und noch jedes zehnte Kind im Alter von neun Jahren leiden daran, Jungen doppelt so häufig wie Mädchen. Die häufigste Ursache für nächtliches Einnässen ist eine Entwicklungsverzögerung der Blasenkontrolle und der Ausschüttung des nächtlichen ADH-Hormons („anti-diuretisches Hormon“, es drosselt normalerweise die nächtliche Urinproduktion). Dazu kann eine erschwerte Wahrnehmung des Harndrangs infolge eines sehr tiefen Schlafes kommen. Häufig besteht eine familiäre Veranlagung. Nässen Kinder auch tagsüber ein oder haben sie Symptome wie häufige Toilettengänge, plötzlich auftretenden Harndrang mit Haltemanövern, Harnwegsinfekte oder liegen gleichzeitig körperliche, neurologische oder psychische Auffälligkeiten vor können sich folgende Störungen hinter dem Einnässen verbergen:
Häufig finden sich Begleitstörungen wie Stuhlgangprobleme mit Verstopfung oder Stuhlschmieren / Einkoten, chronische Harnwegsinfekte oder ein ADHS-Syndrom.
Diagnose und Therapie
Eine Reihe von (schmerzlosen) Untersuchungen führt in mehr als 90 Prozent der Fälle zur richtigen Diagnose. Dazu zählen die ausführliche Krankengeschichte, die körperliche Untersuchung, die Urinuntersuchung und die Restharn-Bestimmung mittels Ultraschalluntersuchung. Die wichtigste Untersuchung ist das Führen eines sogenannten Trink- und Blasentagebuches (‚Pipiprotokoll’), das am besten schon zur Erstvorstellung mitgebracht werden sollte.
Aus dem Blasentagebuch wird das Blasenfassungsvermögen errechnet: Beträgt dies weniger als 65 Prozent der Altersnorm, liegt eine kleinkapazitäre Blase vor, was für eine unzureichende Blasenkontrolle und somit überaktive Blase spricht. Durch Beobachtung des Harnstrahles oder Messung des Harnstrahles mit gleichzeitiger Ableitung der Aktivität des Beckenbodens kann zusätzlich das Vorliegen einer Blasenentleerungsstörung überprüft werden.
Die Therapie richtet sich nach Alter und Symptomatik der Kinder. Vor dem 5. Lebensjahr ist eine Therapie eines alleinigen nächtlichen Einnässens noch nicht erfolgsversprechend. Am besten sind Kinder ab einem Alter von 8 Jahren therapeutisch zugänglich.
Bei einem reinen nächtlichen Einnässen steht eine sogenannte Urotherapie mit Änderungen des Trink- und Miktionsverhaltens immer am Anfang.
Bei erhöhter nächtlicher Urinausscheidung kann das fehlende antidiuretische Hormon ADH unmittelbar vor dem Schlafengehen zugeführt werden. Durch seinen raschen Wirkungseintritt eignet sich Desmopressin insbesondere als Bedarfsmedikation wie z.B. bei einer Urlaubsreise oder im Ferienlager.
Bei Übererregbarkeit des Blasenmuskels oder zu kleiner Blasenkapazität werden sogenannte Anticholinergika zur Steigerung der Blasenkapazität und Hemmung des überaktiven Blasenmuskels eingesetzt. Bei Störungen des psychosozialen Verhaltens werden die Kinder an eine spezielle psychologische Befragung und Therapie weitergeleitet.
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