Unmittelbar nach der Radikalentfernung der Prostata (bei Prostatakrebs) haben fast alle Männer erst einmal Probleme damit, den Urin zu halten. Im Laufe der ersten Monate aber verschwindet die Inkontinenz in den meisten Fällen wieder. Dauerhaft bleibt sie in bis zu 15 Prozent der Fälle behandlungsbedürftig. Hierbei wirkt sich die enge Kooperation zwischen der Urologischen Hauptabteilung und dem Kontinenzzentrum für die Patienten sehr positiv aus. Sie bietet den Vorteil, dass die Betroffenen nicht nur während des operativen Eingriffs, sondern auch nach der Operation optimal versorgt und betreut werden.
Krankheitsbild
Die Inkontinenz nach einer Prostata-Operation kann Folge einer operationsbedingten Schwächung des Schließmuskels sein. Dies äußert sich als Belastungsinkontinenz: Der Urinverlust passiert bei Bewegung, Husten oder Sport. Nur in den seltensten Fällen ist die Ursache der Schwächung eine echte Verletzung des Schließmuskels während der Operation. Meist handelt es sich um operationsbedingte Nerven- und Muskelirritationen, die sich im Laufe des Heilungsprozesses regenerieren können. Oder der Schließmuskel kann durch die veränderte Lage nach der Operation nicht mehr richtig schließen. Nicht selten kommt auch eine Dranginkontinenz infolge einer Irritation der Blase durch die Operation dazu. Bei den meisten Männern verschwindet die Inkontinenz in Ruhe schon bald nach dem Eingriff, bei Bewegung sowie im Laufe des Tages durch Ermüdung bleibt sie jedoch noch einige Zeit bestehen.
Diagnose und Therapie
Inkontinenz wird von den betroffenen Männern als Kontrollverlust und enorme Einschränkung der Lebensqualität wahrgenommen. Daher legen wir besonderen Wert darauf, das Problem so schnell wie möglich zu beseitigen. Dazu tragen schon die modernen Operationstechniken mit nervenschonenden Verfahren bei. Hinzu kommt die Schulung und Training des Schließmuskelapparates, die schon während des Klinikaufenthalts in unserer Physiotherapeutischen Abteilung begonnen wird.
Bleibt die Inkontinenz auch nach den ersten drei Monaten bestehen, muss die Ursache gesucht werden: Handelt es sich um eine Schließmuskelschwäche oder postoperative Irritationen an der Blase oder um eine Folge von Begleiterkrankungen? Die Diagnose erfolgt durch eine Blasendruckmessung und eine Blasenspiegelung. Letztere ist heute mit dünnen flexiblen Geräten in örtlicher Betäubung vollkommen schmerzfrei möglich. Durch spezielle Kameras wird dem Patienten die Schließmuskelfunktion demonstriert, so dass er eventuelle Fehler im Anspannen des Schließmuskels erkennen und ein korrektes Anspannen erlernen kann (Video-Endoskopie mit Biofeedback).
Wie bei jeder Muskelschwäche kommt auch nach der radikalen Prostataentfernung eine konservative Therapie mit Muskelaufbautraining wie dem Schließmuskeltraining oder dem Biofeedback-Training die größte Bedeutung zu. Zusätzlich können spezielle Verfahren wie Elektro-, Magnetfeld- oder Vibrationstherapien sinnvoll sein, die im Kontinenzzentrum angeboten und individuell eingesetzt werden.
Ist auch ein Jahr nach der Operation keine zufriedenstellende Besserung eingetreten, können operative Maßnahmen wie Schließmuskel-Unterspritzungen, die Implantation von Mikroballons, die Anlage von Harnröhrenschlingen / -bändern oder ein künstlicher Schließmuskel notwendig werden. Im Kontinenzzentrum wird geprüft, welches Verfahren für den Patienten in Frage kommt. Der operative Eingriff erfolgt in der Abteilung für Urologie und Kinderurologie.
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