Der Thymus ist das zentrale Organ des lymphatischen Systems. Er befindet sich im vor dem Herz gelegenen Abschnitt des Mittelfells (Mediastinum). Er ist von zentraler Bedeutung für die Selektion von T-Lymphozyten – den für die Immunantwort wichtigen weißen Blutkörperchen. Thymome sind seltene bösartige Tumoren dieses Organs. In etwa 50 Prozent der Fälle ist die Ursache für einen Tumor im vorderen Mediastinum ein Thymom. Bei etwa 45 Prozent der Patienten kann eine Myasthenia gravis nachgewiesen werden. Bis heute ist der Zusammenhang zwischen dieser Autoimmunkrankheit und dem Auftreten eines Thymoms nicht eindeutig geklärt.
Krankheitsbild
Beide Geschlechter sind etwa gleich häufig betroffen, die meisten Patienten sind zwischen 40 und 60 Jahre alt. Thymome verursachen meist erst in fortgeschrittenen Beschwerden. So zeigen 30 Prozent der Patienten bei Diagnosestellung noch keine Symptome. In der Regel entstehen diese Beschwerden, weil der Tumor in das Nachbargewebe einwächst beziehungsweise benachbarte Strukturen zunehmend verdrängt. 40 Prozent der Beschwerden sind durch die große Tumormasse im Brustkorb bedingt. Von allen Patienten mit einem Thymom haben 30 Prozent nicht nur lokale, sondern auch systemische, das heißt: den ganzen Körper betreffende Beschwerden.
Die häufigsten Beschwerden sind Brustkorbschmerzen, Husten und schwere Luftnot.
Weitere mögliche Symptome:
Prinzipiell sind alle Thymome, unabhängig vom klinisch-histologischen Stadium, als bösartig einzustufen. Eine Metastasierung und ein etwaiges Rezidiv nach Resektion kann in allen Stadien auftreten.
Diagnose
Ein Thymom wird meist zufällig im Rahmen einer Routineuntersuchung (Röntgen-Thorax) entdeckt. Beim Vorliegen einer Myasthenia gravis muss immer an ein Thymom gedacht werden. In der Bildgebung ist die CT-Thorax Untersuchung der Goldstandard. In Einzelfällen kann eine Octreotid-Szintigraphie – ein spezielles bildgebendes Verfahren mit radioaktiv markiertem Octreotid – sinnvoll sein. Ebenso ist die Entnahme einer Gewebeprobe (Biopsie) mit histologischer Untersuchung unerlässlich, um andere Tumorarten (Lymphdrüsenkrebs, embryonaler Tumor) ausschließen zu können.
Therapie
Der Goldstandard der Therapie von Thymomen ist die Operation. Aus onkologischer Sicht ist die Entfernung des Tumors im Gesunden (R0-Resektion) für das Überleben der Patienten der wichtigste beeinflussende Faktor. Das heißt: Alle dem Thymom anhängenden Strukturen müssen mit entfernt werden – das Restthymusgewebe sowie die umgebenden Lymphknoten und alle Fett- und Bindegewebsbestandteile.
Die Möglichkeit einer kompletten Tumorentfernung sinkt im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung. Die Stadien werden nach der Masaoka-Einteilung klassifiziert. Bei Patienten mit einem vollständig umkapselten Tumor im Stadium I kann in 100 Prozent der Fälle eine komplette Tumorresektion erzielt werden. Bei größeren Tumoren (Stadium II-III) und insbesondere nach inkompletter Resektion kann eine zusätzliche Radiotherapie diskutiert werden. Bei Thymomen im Stadium IV (das am weitesten fortgeschrittenen Stadium mit Metastasierungen) ist eine völlige Entfernung nur in weniger als 30 Prozent der Fälle möglich.
Die Operation kann über verschiedene Zugangswege erfolgen und richtet sich nach Tumorausdehnung und -größe. Der am häufigsten erforderliche Zugangsweg ist die Eröffnung des Brustbeins (Sternotomie). Dabei kann die mediane Sternotomie (längsseitige Durchtrennung des Brustbeins mit Eröffnung des Mediastinums) als Standard-Zugang empfohlen werden. Sie ermöglicht bei guter Sicht die Entfernung des gesamten Gewebes inklusive der Lymphknoten. In Einzelfällen sind auch eine seitliche Eröffnung des Brustkorbs (laterale Thorakotomie) und – bei sehr kleinen Thymomen (weniger als vier Zentimeter Durchmesser) – die Schlüssellochtechnik (videoassistierte Operation) möglich.
Nach einer offenen Operation beträgt der Krankenhausaufenthalt in der Regel zehn bis zwölf Tage. Der Brustkorb kann nach acht Wochen wieder voll belastet werden. Da alle Thymome als bösartig gelten, ist eine Nachsorge zu empfehlen. Thymome weisen eine hohe Lokalrezidivrate auf, bis zu zehn Jahre nach der Operation können neue Tumore entstehen. Dabei muss auch auf das Auftreten von so genannten Folgetumoren (Zweitkarzinomen) wie Non-Hodgkin Lymphom und Weichteilsarkom geachtet werden.
In den ersten zwei Jahren nach der Operation sollte sich der Patient alle drei Monate untersuchen lassen. Danach ist alle zwölf Monate ein CT-Thorax wichtig. Idealerweise erfolgt die Nachsorge beim erstbehandelnden Thoraxchirurgen. Bei einer nachgewiesenen Myasthenie sollte der Patient sich in regelmäßigen Abständen auch von einem Neurologen untersuchen lassen.
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